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Livestreams in der Bundesliga Gewichtheben – Das fehlende Konzept

Während der Corona-Pandemie haben vor allem Randsportarten auf Livestreams gesetzt, um ihren Zuschauern dennoch eine Plattform bieten zu können. In der Bundesliga Gewichtheben indes herrscht – auch aufgrund eines fehlenden Konzepts – keine Einigung über eine Online-Übertragung der Wettkämpfe.

Die Zeit, in der die Hallen leer bleiben und die Athleten alleine ohne Publikum auf der Bühne stehen müssen, ist zum Glück vorerst vorbei. An den Bundesliga-Wochenenden dürfen Gewichtheber-Interessierte wieder in die Hallen strömen und die Athleten und Athletinnen auf der Plattform unterstützen.

In der Zeit, als dies jedoch nicht möglich war, setzten einige Vereine – darunter der AC Potsdam – auf Online-Übertragungen, um den Leuten trotz dessen die Möglichkeit zu bieten, live dabei zu sein. „Einen Livestream anzubieten ist für uns sehr wichtig. Wir haben während der Pandemie damit angefangen, um die Leute dennoch erreichen zu können. Gewichtheben hängt in diesem Thema hinterher, doch es gehört heutzutage einfach dazu“, sagt Andreas Anker, 1. Vorsitzender des AC Potsdam.

Und der Bundesliga-Aufsteiger hat auch nach der Pandemie an einer Live-Übertragung festgehalten. Neben 150 Zuschauern in der Halle verfolgen nun auch einige 100 Zuschauer die Wettkämpfe über Sportdeutschland.tv.

„Wir wollen auch den Menschen, die von außerhalb kommen, krank sind oder im Schichtdienst arbeiten, die Möglichkeit bieten, unsere Wettkämpfe zu sehen. Die Zuschauerzahlen steigen stetig und weniger Zuschauer in der Halle haben wir deswegen nicht.“

Andreas Anker, 1. Vorsitzender AC Potsdam

Aber genau dies ist eine Befürchtung von Bundesliga-Vereinen, die bisher keinen Livestream anbieten. „Unserer Meinung nach würden uns die Leute in der Halle wegbleiben, wenn wir einen Livestream bewerben. Dies betrifft nicht die, die bei jedem Wettkampf vor Ort dabei sind, aber vielleicht die aus dem Umland. Da überlegt sich so mancher, ob er zuhause am Computer schaut oder 30 km in die Wettkampfhalle fährt“, sagt Frank Hinderberger, Abteilungsleiter vom AV Speyer.

Aufwand und Kosten

Ein weiterer Punkt, weshalb die Einrichtung eines Livestreams als problematisch angesehen wird, ist der damit verbundene Aufwand und die Kosten. „Ein Livestream macht nur Sinn, wenn es ein ordentlicher Livestream ist. Einfach nur eine Kamera ohne Kommentator hinzustellen, ist total unattraktiv. D.h. man bräuchte mindestens zwei oder drei zusätzliche Leute, die sich um die Technik, die Kommentierung und entsprechende Einblendungen von Zwischenständen oder Veränderungen von Kameraperspektiven kümmern. Diese Personalien haben wir nicht zur Verfügung“, erklärt Stefan Mohr, Sportlicher Leiter vom AC Mutterstadt.

Das Hauptaugenmerk liege für den ACM darauf, die Wettkämpfe auf hohem Niveau auszurichten und dafür investiere man beispielweise viel in die Beleuchtung, Musikanlage und Werbung. „Im Internet wird immer alles als umsonst erwartet und das finde ich nicht gut. Ich fände es gerechtfertigt, Geld dafür zu verlangen, doch dann ist die Frage, wie viele Leute sich das noch anschauen würden“, so Mohr.

Das sieht auch Speyer-Abteilungsleiter Hinderberger so, der ein Angebot mittels Payperview für unrealistisch hält. „Es zahlt keiner zuhause am Computer fünf Euro für einen Gewichtheber-Wettkampf. Da werden aus 100 Interessierten schnell nur noch 20.“ Zudem seien die Kosten für die Einrichtung eines Livestreams zu hoch und für einen Verein kaum zu stemmen. „Einfach ein Handy an einen Laptop anschließen, ohne Kommentatoren und Hinweise auf den Zwischenstand, halte ich für eine schlechte Außendarstellung. Wenn man einen ordentlichen Stream auf die Beine stellen will, kostet es den Verein für das Leihen des Equipments von Sportdeutschland.tv 400 Euro pro Wettkampf.“

Um einen Livestream auf die Beine zu stellen, benötigt es zusätzliches Personal.

Um eine Investition würden die Bundesliga-Vereine sicherlich nicht herumkommen, doch dass sich dies lohnen kann und man viel Wert darauflegen sollte, zeigt unter anderem die Athletenschmiede Kiel. „Wir haben in der vergangenen Saison die Erfahrung gemacht, dass wir hier im Norden noch keine Gewichtheber-Hochburg sind und nicht hunderte Zuschauer in die Halle kommen. Dennoch kennt man die Schmiede mittlerweile in Deutschland. Aber wir können in der heutigen Zeit nicht nur daraufsetzen, dass die Leute zu uns kommen, sondern wir müssen schauen, wie wir sie am einfachsten erreichen“, sagt Sascha Tomkowiak, 1. Vorsitzender der Athletenschmiede Kiel.

Und das funktioniere am besten über Social Media und einen Livestream. So hat die Athletenschmiede über 4000 Euro in Livestream-Technik investiert und ein Mediateam von vier Leuten auf die Beine gestellt.

„Es ist uns sehr wichtig, Gewichtheben raus in die Welt zu strahlen und zu zeigen, dass es eine coole Sache ist.“

Sascha Tomkowiak, 1. Vorsitzender Athletenschmiede Kiel

Dass nicht jeder Verein mehrere tausend Euro in Equipment investieren und ein mehrköpfiges Team auf die Beine stellen kann, dass sich intensiv mit der Technik auseinandersetzt, ist verständlich und genau das kritisiert auch Hinderberger. „Wir halten eine ordentliche Liveübertragung durchaus für sinnvoll, es muss aber für beide Seiten passen. Auch der Überträger, also der ausrichtende Verein, sollte hier nicht allein gelassen werden. Wir haben im Verein niemanden, der sich näher damit auskennt. So müssten wir alles von außerhalb in den Verein holen.“

Von außerhalb in den Verein holen oder aber sich direkt an Sportdeutschland.tv wenden, das empfiehlt Anker vom AC Potsdam. „Sportdeutschland.tv bietet hier Hilfe an und bis auf die Technik entstehen keine Kosten bei einem Livestream. Für uns bedeutet eine Live-Übertragung Präsenz und das ist ein absoluter Erfolg. Die Bundesliga befindet sich diesbezüglich auf keinem Niveau, das heute Standard ist.“

Was fehlt, ist ein Konzept

Doch unabhängig davon, ob Vereine einen Livestream anbieten und Wert darauflegen oder aber zu großen Aufwand und zu wenig Nutzen darin sehen, eine entscheidende Sache fehlt gänzlich. Und zwar ein Medienkonzept, dass die Vereine nicht alleine lässt und sie unterstützt. „Mit einem vernünftigen Konzept könnte man viel erreichen und die Sportart Gewichtheben präsenter machen“, betont Anker.

Grundsätzlich sind die Bundesliga-Vereine bereit, sich dem Thema Livestream anzunehmen, doch bisher fehlt hier auch die Initiative des Verbandes. So heißt es in der aktuellen Bundesliga-Ausschreibung nur: „Der Ausrichter des Finalkampfes hat dafür Sorge zu tragen, dass die Voraussetzungen für eine Online-Übertragung (Live-Übertragung) gegeben sind.“

Ein Konzept oder in erster Linie einen Austausch zu Live-Übertragungen gibt es bisher nicht, was die Vereine nicht gerade ermutigt hat, sich mit dem Thema Livestreams weiter zu beschäftigen oder es anzugehen. „Uns fehlen hier die Erfahrungen und auch die Erfahrungswerte, was ein Livestream überhaupt bringen würde. Ob sich eine Live-Übertragung lohnen würde, können wir nicht einschätzen“, sagt Mohr.

Doch gänzlich gegen einen Livestream ist wohl keiner der Bundesliga-Vereine. Ein Konzept seitens des Verbandes würde hier sicherlich Abhilfe schaffen. „Wir sind gerne bereit mit dem Verband und anderen Vereinen ein gemeinsames Konzept, von dem beide Seiten profitieren, zu erarbeiten und dieses dann auch umzusetzen. Wir sehen eine Online-Übertragung auch als Baustein, um das Gewichtheben voranzubringen“, sagt Hinderberger.

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