Der nächste große internationale Wettkampf steht vor der Tür: Für die Europameisterschaft im Gewichtheben, die dieses Jahr vom 15. bis 23. April stattfinden wird, werden sich zwölf deutsche AthletInnen auf die Reise nach Yerevan, Armenien begeben. Doch geht es bei dieser EM nicht nur darum, sich mit den besten HeberInnen Europas zu messen. Dieser Wettkämpf ist zudem ein Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2024 in Paris, bei dem sich die deutschen TeilnehmerInnen bestmöglich platzieren und positionieren wollen.
Das deutsche team für die EM 2023 in Yerevan, armenien
Und für dieses Ziel hat sich das deutsche Team gut vorbereitet. In zwei Trainingslagern in Leimen und Paris legten die HeberInnen den Grundstein für die EM und sind nun gewappnet für den anstehenden Wettkampf. „Nicht nur die Vorbereitung verlief sehr gut, auch die Stimmung im Team untereinander ist positiv und jeder bzw. jede freut sich auf die Europameisterschaft“, sagt Florian Sperl, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber (BVDG).
Das deutsche Team setzt sich dabei aus sieben Athleten und fünf Athletinnen zusammen, den Beginn macht am Sonntag, 16. April, Annika Pilz (-55 kg), die in Armenien bei ihrer ersten Senioren-EM ihr Können unter Beweis stellen wird. Ebenfalls zu den Debütantinnen gehört die 20-Jährige Antonia Ackermann. Sie hatte sich im vergangenen Jahr bei der Junioren-Weltmeisterschaft in der Gewichtsklasse bis 64 kg die Bronze-Medaille gesichert und wird nun wie auch Pilz das erste Mal bei den Senioren auf einer EM-Plattform heben. Ihr Wettkampf findet am Mittwoch, 19. April, in der Kategorie bis 71 kg statt.
Mit Pilz und Ackermann haben sich zwei junge Heberinnen aus dem deutschen Nachwuchs bis ganz nach oben gearbeitet, nichtsdestotrotz hat die Corona-Pandemie die Jugendarbeit im Gewichtheben stark ausgebremst. So war während dieser Zeit in den Vereinen nahezu kein Training möglich. „Die Nachwirkungen werden wir sicherlich noch eine Zeit spüren, ich sehe aber eine deutlich positive Tendenz. Auch die Zahlen bei unseren Jugendmeisterschaften nehmen wieder zu, was mich sehr freut“, so Sperl.
Fokus liegt auf der Olympia-Qualifikation
Mit besonders schönen EM-Erinnerungen im Kopf wird Lisa Marie Schweizer wohl die Reise nach Armenien antreten. Die 27-Jährige hatte im vergangenen Jahr in Tirana, Albanien, bei der Europameisterschaft in der Gewichtsklasse bis 71 kg gleich drei Medaillen abgesahnt. Auf Gold im Reißen, folgte Bronze im Stoßen und die Silbermedaille im Zweikampf. Die Athletin vom AV Speyer könnte nun auch in Yerevan zu den Medaillenkandidatinnen gehören, auch wenn der Fokus bei dieser EM primär auf der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris liege und in erster Linie ein solider und sauberer Wettkampf abgeliefert werden solle, so Sperl.
Lisa Marie SChweizer mit einer neuen Bestleistung im Trainingslager in Paris.
Bevor Schweizer und Ackermann jedoch am Mittwoch in der Kategorie bis 71 kg antreten werden, kommt Sabine Kusterer zum Zuge. Die 32-Jährige nahm 2011 an ihrer ersten Europameisterschaft teil und wird nun am Montag in der Gewichtsklasse bis 59 kg antreten. Die fünfte Frau im Bunde ist Nina Schroth, die am Freitag, 21. April, in der Klasse bis 81 kg heben wird. Ihre letzte EM-Medaille liegt nur zwei Jahre zurück – in Moskau hatte die 31-Jährige mit 109 kg im Reißen Silber geholt. Ob es auch in diesem Jahr für eine Medaille reichen wird, ist schwer zu sagen. „Europa und die AthletInnen der EWF sind nach wie vor sehr stark und gehören zur internationalen Spitze. Die Entwicklung geht auch hier in die richtige Richtung“, sagt Sperl.
Für den BVDG-Präsidenten befindet sich die Sportart Gewichtheben aktuell in einer ganz entscheidenden Phase. Um die olympische Zukunft zu sichern, sei es wichtig, positive Nachrichten zu erzeugen und die Sportart zu promoten.
„Wir haben seit der Wahl viel erreicht und sind auf einem sehr guten Weg, was die Zukunft unseres Sports in der olympischen Familie betrifft. Mit der EM in Yerevan und der WM in Saudi-Arabien werden wir zwei entscheidende Events auf Hochklasseniveau haben.“
Florian Sperl, BVDG-Präsident
Dabei ist sich Sperl sicher, dass die Gewichtheberwelt in Armenien eine grandiose Europameisterschaft erleben wird. Bereits im Vorfeld sei eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit des armenischen und auch europäischen Verbandes betrieben worden und die Planungen rund um die EM seien sehr detailliert und durchdacht.
Sieben deutsche Athleten in Armenien vertreten
Während bei den Frauen Pilz bei der EM den Beginn macht, steht bei den Männern Jon Luke Mau an erster Stelle. Der Athlet vom TSV Schwedt ist in der Gewichtsklasse bis 67 kg gemeldet, wird jedoch in Armenien lediglich über die Waage gehen, um genügend Wettkämpfe zu haben und sich die Chance auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris offenzuhalten. Eine Schulteroperation im November vergangenen Jahres hatte Mau zurückgeworfen, sodass die EM für ihn noch zu früh kommt.
Auch Simon Brandhuber, der eigentlich in der Gewichtsklasse bis 61 kg beheimatet ist, wird in Yerevan am Montag, 17. April, in der Kategorie bis 67 kg antreten. Der 31-Jährige hatte aufgrund einer Covid-19-Infektion die vergangene WM in Bogota, Kolumbien, nicht bestreiten können, und damit zu kämpfen, wieder fit zu werden. So entschied der Verband den Vize-Europameister von 2022 in der nächsthöheren Gewichtsklasse antreten zu lassen.
Einen Tag später am Dienstag, 18. April, heißt es dann in der Gewichtsklasse bis 73 kg Showdown für Max Lang und Roberto Gutu. Während sich Erstgenannter bei der Europameisterschaft in Moskau 2021 mit 185 kg im Stoßen mit der Goldmedaille belohnt hatte, konnte sich Gutu bei der U23-EM im vergangenen Jahr (-73 kg) mit Gold im Reißen und Silber im Stoßen sowie im Zweikampf gleich drei Medaillen sichern.

Max Lang gewann mit 185 kg im Stoßen bei der EM in Moskau 2021 die Goldmedaille.
Für Raphael Friedrich indes steht in Armenien die zweite Senioren-Europameisterschaft an. Der 22-Jährige hatte mit einem neunten Platz bei seiner ersten EM im vergangenen Jahr ein starkes Debüt gefeiert und wird nun am Donnerstag, 20. April, in der Gewichtsklasse bis 89 kg sein Können unter Beweis stellen. Ebenfalls in dieser Kategorie wird Nico Müller antreten. Der 29-Jährige hatte zuletzt 2021 in Moskau EM-Bronze im Reißen gewinnen können (-81 kg).
Den Abschluss für das deutsche Team macht Matthäus Hofmann am Samstag, 22. April, in der Gewichtsklasse bis 102 kg. Der Athlet vom SV Germania Obrigheim hatte an den vergangenen beiden Europameisterschaften nicht teilgenommen und steht nun wieder auf einer EM-Bühne.